Sucht Wie kann ich als angehörige Person helfen?
Sucht ist eine ernste Erkrankung. Die Auswirkungen von Sucht sind für die Betroffenen selbst, und für ihre Familie und Freunde sehr belastend. Angehörige fühlen sich oft hilflos, wenn sie mit der Sucht konfrontiert werden. Es gibt unterschiedliche Wege, wie Sie die suchtkranke Person unterstützen können.
In diesem Beitrag werden häufige Fragen von Angehörigen von suchterkrankten Menschen beantwortet. Sie als gesunde erwachsene Person erfahren, was Sie selbst tun können, um mit der Sucht Ihrer*Ihres Angehörigen umzugehen. Sie erfahren, wo Sie Rat und Hilfe und weitere Informationen finden. Mit diesen Informationen können Sie sich selbst ein Bild machen, bevor Sie eine Entscheidung für Ihr Tun treffen!
- Sucht ist eine psychische Erkrankung
- In der Steiermark gibt es regionale Hilfs-Angebote für suchterkrankte Menschen.
- Als Angehörige*r einer suchtkranken Person können Sie in einigen Bereichen unterstützen.
- Dabei sollten Sie mit sich selbst sehr achtsam sein und bei Bedarf Unterstützung in Anspruch nehmen.
QUIZ: Testen Sie Ihr Gesundheitswissen!
Sucht ist keine Schwäche, sondern eine psychische Erkrankung. Laut WHO sind Suchterkrankungen durch folgende 6 Merkmale gekennzeichnet. Wenn mehr als 3 davon gleichzeitig in einem Jahr auftreten, spricht das Fachpersonal von Sucht:
- Starkes Verlangen oder Zwang: Ein intensiver Drang, die Substanz zu konsumieren oder die Tätigkeit auszuüben.
- Verminderte Kontrolle: Schwierigkeiten, den Konsum oder die Tätigkeit zu kontrollieren, was sowohl die Menge als auch die Häufigkeit betrifft.
- Entzugs-Erscheinungen: Körperliche oder psychische Symptome, die auftreten, wenn der Konsum der Substanz oder die Tätigkeit reduziert oder beendet wird.
- Toleranz-Entwicklung: Eine größere Menge der Substanz ist notwendig, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
- Vernachlässigung anderer Interessen: Andere Aktivitäten und Verpflichtungen werden zugunsten des Konsums oder der Tätigkeit vernachlässigt.
- Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen: Der Konsum oder die Tätigkeit wird trotz klarer negativer Anzeichen fortgesetzt (zum Beispiel gesundheitliche, soziale oder rechtliche Konsequenzen)[2]
- Informieren Sie sich: Lernen Sie über Suchterkrankungen, ihre Ursachen, Anzeichen und Behandlungsmöglichkeiten. Je mehr Sie wissen, desto besser können Sie unterstützen.
- Seien Sie unterstützend und geduldig: Zeigen Sie Mitgefühl und Geduld. Hilfe bei Sucht erfordert Zeit und Unterstützung.
- Fördern Sie professionelle Hilfe: Ermutigen Sie die betroffene Person, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Helfen Sie bei der Suche nach geeigneten Behandlungsmöglichkeiten und begleiten Sie die Person zu Terminen, wenn gewünscht.
- Setzen Sie klare Grenzen: Setzen Sie gesunde Grenzen, um sich selbst zu schützen und Co-Verhaltensweisen zu vermeiden. Lassen Sie die betroffene Person die Folgen des Verhaltens selbst tragen.
- Unterstützen Sie einen gesunden Lebensstil: Ermutigen Sie die betroffene Person zur Teilnahme an gesunden Aktivitäten wie Sport, Hobbys oder sozialen Veranstaltungen, die nicht mit dem Suchtmittel verbunden sind.
- Fördern Sie positive Veränderungen die die Genesung unterstützen: Gestalten Sie zum Beispiel Feiern alkoholfrei.
- Nutzen Sie die Selbsthilfe: Sowohl für die betroffene Person als auch für sich selbst können Selbsthilfegruppen eine wertvolle Unterstützung bieten.
- Achten Sie auf sich selbst: Ihre eigene Gesundheit und Ihr Wohlbefinden sind ebenfalls wichtig. Suchen Sie Unterstützung und nehmen Sie sich Zeit für sich selbst.
- Notfallplan bereit halten: Seien Sie auf Krisensituationen vorbereitet. Informieren Sie sich, wie Sie in Notfällen handeln müssen. Halten Sie zum Beispiel die Kontaktdaten von Notrufdiensten bereit, wie die Rettung unter 144 oder Kriseninterventionszentren wie PsyNot, das psychiatrische Krisentelefon unter 0800 44 99 33.
Übermäßiger Alkoholkonsum: Wie verhalte ich mich als Angehörige*r?
Im Video der Stiftung Gesundheitswissen erfahren Sie, wie Sie mit dem übermäßigen Alkoholkonsum von einer angehörigen Person umgehen können.
Mythos 1: „Wenn ich mich nur richtig verhalte, wird mein*e Angehörige*r gesund.“[7]
Das stimmt nicht. Wenn jemand so denkt, fällt es meist schwer, Grenzen zu setzen und einzuhalten. Ordnen Sie sich als angehörige Person nicht den Bedürfnissen der suchtkranken Person unter. Es ist wichtig für sich selbst zu sorgen und sich selbst nicht zu vernachlässigen.
Mythos 2: „Es muss ihm/ihr nur schlecht genug gehen, dann wird er/sie schon Hilfe annehmen!“[8]
Falsch! Früher dachte man, dass Menschen erst am Tiefpunkt sein müssen, bevor sie Hilfe suchen und ihr Verhalten ändern. Heute weiß man, dass das nicht zeitgemäß ist. Die moderne Suchtforschung und Suchtbehandlung setzt auf Maßnahmen, die die Motivation fördern.
In der Steiermark gibt es auch zum Thema Sucht eine Gesundheitsberichterstattung. Hier finden Sie Zahlen und Daten zu unterschiedlichen Süchten in der Steiermark.
Suchtkranke Personen, aber auch Angehörige haben unterschiedliche Möglichkeiten Unterstützung zu finden. Hier finden Sie Beispiele, die einander ergänzen können:
- Ärztinnen- und Ärztesuche der Ärztekammer Steiermark
Für die Abklärung von möglichen Süchten oder Empfehlungen für angehörige Personen kann ein Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt hilfreich sein. In der Suche finden Sie Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark. - 144
Rufen Sie 144, die Rettung, wenn Sie sich in einer Krisensituation oder in einem Notfall befinden. - Suchthilfeeinrichtungen
Hier finden Sie für sich selbst oder eine angehörige Person entsprechende Hilfe, Beratung oder Betreuung. Diese Angebote sind größtenteils kostenfrei. - 0800 44 99 33 PsyNot- das psychiatrische Krisentelefon
PsyNot kann bei akuten Krisen als erste Anlauf- und Ansprechstelle zur Verfügung stehen. - Fachstelle für Suchtprävention
Hier werden Sie zum Thema Suchtvorbeugung informiert, beraten und unterstützt. - Selbsthilfe Steiermark
Hier finden Sie alle Angebote zur Selbsthilfe in der Steiermark - Unterstützung durch Berufsgruppen aus den Bereichen der Sozial- und Gesundheitsberufe. Das sind zum Beispiel Sozialarbeiter*innen, Lebens- und Sozialberater*innen, Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen im niedergelassenen Bereich. Diese Angebote sind manchmal kostenpflichtig.
- Unterstützung durch Freunde und Familie: Diese ersetzt nicht die Begleitung durch eine Expertin oder einen Experten.
Das öffentliche Gesundheitsportal Österreichs informiert, was Sie als angehörige Person bei psychischen Erkrankungen tun können und wo Sie selbst Unterstützung finden.
Im Suchthilfekompass finden Sie Beratungsangebote und Behandlungsangebote nach Bundesländern aufgelistet.
Leicht Lesen: „Hilfe bei Sucht und Abhängigkeit“.
Hier finden Sie allgemeine Informationen zu Sucht in leichter Sprache. Die Beratungsangebote beziehen sich auf Deutschland und sind in Österreich nicht verfügbar.
Redaktion: Bianca Heppner, MPH (Master in Public Health) oder Anja Mandl, BA MA (Bachelor und Master in Gesundheitsmanagement)
Gastautor: Sascha J. Lang, BA (Suchtexperte und Geschäftsführer der Steierischen Gesellschaft für Suchtfragen) (www.bas.at)
Expert*innen (Podcast): Sascha J. Lang, BA (Suchtexperte und Geschäftsführer der Steierischen Gesellschaft für Suchtfragen) (www.bas.at)
Ärztliches Review: Dr.in Eva Wolfbauer
Bei der Erstellung dieser Gesundheitsinformation lagen keine Interessenskonflikte der Autor*innen vor.
Die Gefahr, dass Interessen der Expert*innen, die Inhalte beeinflussen, wird verringert, indem Interessenkonflikte strategisch abgefragt und bei Bestehen veröffentlicht werden. Informationen zur Strategie im Umgang mit Interessenskonflikten finden Sie im Methodenpapier.
Quellen:
[1] World Health Organization (WHO). (2018). International Classification of Diseases 11th Revision (ICD-11). https://www.who.int/classifications/icd/en/
[2]Abhängigkeitserkrankung – Klassifizierung nach der Internationalen Klassifizierung der Krankheiten
Informationen und Services der österreichischen Verwaltung, (2023)
Abhängigkeitserkrankung – Klassifizierung nach der Internationalen Klassifizierung der Krankheiten (oesterreich.gv.at)
[3] Drogen und Sucht
Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Informationen des Gesundheitsministeriums: Drogen und Sucht (sozialministerium.at)
[4] Sucht und Therapie
Bundesamt für Sucht- Schweiz Suchtberatung und -therapie (admin.ch)
[5] Sascha J. Lang, BA (Suchtexperte und Geschäftsführer der Steierischen Gesellschaft für Suchtfragen) (www.bas.at)
[6] Tipps für Angehörige und Freunde
Informationen und Services der österreichischen Verwaltung, (2023)
www.oesterreich.gv.at/themen/hilfe_und_finanzielle_unterstuetzung_erhalten/2/sucht/2/Seite.1520280.html#hindro
[7] Hilfe bei Suchterkrankungen und Begleiterkrankungen
Das Suchtportal Das Suchtportal: Informationen & Hilfestellungen zum Thema Sucht
[8] William R. Miller, Stephen Rollnick: Motivierende Gesprächsführung. Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb (Freiburg) 2015. 4. Vollständige Übersetzung der 3. amerikanischen Auflage. 484 Seiten.