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Sucht Wie kann ich als angehörige Person helfen?

Sucht ist eine ernste Erkrankung. Die Auswirkungen von Sucht sind für die Betroffenen selbst, und für ihre Familie und Freunde sehr belastend. Angehörige fühlen sich oft hilflos, wenn sie mit der Sucht konfrontiert werden. Es gibt unterschiedliche Wege, wie Sie die suchtkranke Person unterstützen können.

In diesem Beitrag werden häufige Fragen von Angehörigen von suchterkrankten Menschen beantwortet. Sie als gesunde erwachsene Person erfahren, was Sie selbst tun können, um mit der Sucht Ihrer*Ihres Angehörigen umzugehen. Sie erfahren, wo Sie Rat und Hilfe und weitere Informationen finden. Mit diesen Informationen können Sie sich selbst ein Bild machen, bevor Sie eine Entscheidung für Ihr Tun treffen!

Das Wichtigste auf einen Blick
  • Sucht ist eine psychische Erkrankung
  • In der Steiermark gibt es regionale Hilfs-Angebote für suchterkrankte Menschen. 
  • Als Angehörige*r einer suchtkranken Person können Sie in einigen Bereichen unterstützen.  
  • Dabei sollten Sie mit sich selbst sehr achtsam sein und bei Bedarf Unterstützung in Anspruch nehmen.
24.07.2024
Folge #56 Sucht: Was kann ich als Angehörige*r tun?
In dieser Folge erklärt Sascha Lang, BA, Suchtexperte, Sozialarbeiter und Geschäftsführer der Steirischen Gesellschaft für Suchtfragen, was Sie als Angehörige*r tun können, wie das mit den Grenzen ist und wo es Unterstützung gibt.
Häufige Fragen

Sucht ist keine Schwäche, sondern eine psychische Erkrankung. Laut WHO sind Suchterkrankungen durch folgende 6 Merkmale gekennzeichnet. Wenn mehr als 3 davon gleichzeitig in einem Jahr auftreten, spricht das Fachpersonal von Sucht:

  • Starkes Verlangen oder Zwang: Ein intensiver Drang, die Substanz zu konsumieren oder die Tätigkeit auszuüben.
  • Verminderte Kontrolle: Schwierigkeiten, den Konsum oder die Tätigkeit zu kontrollieren, was sowohl die Menge als auch die Häufigkeit betrifft.
  • Entzugs-Erscheinungen: Körperliche oder psychische Symptome, die auftreten, wenn der Konsum der Substanz oder die Tätigkeit reduziert oder beendet wird.
  • Toleranz-Entwicklung: Eine größere Menge der Substanz ist notwendig, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
  • Vernachlässigung anderer Interessen: Andere Aktivitäten und Verpflichtungen werden zugunsten des Konsums oder der Tätigkeit vernachlässigt.
  • Anhaltender Konsum trotz schädlicher Folgen: Der Konsum oder die Tätigkeit wird trotz klarer negativer Anzeichen fortgesetzt (zum Beispiel gesundheitliche, soziale oder rechtliche Konsequenzen)[2]
     

Menschen können nach Substanzen oder nach einem Verhalten süchtig sein. Folgende Süchte kommen häufig vor:

Substanzen: 

  • Alkohol: Unkontrollierbarer Konsum von alkoholischen Getränken.
  • Nikotin: Sucht nach Tabakprodukten, hauptsächlich Zigaretten.
  • Drogen: Abhängigkeit von illegalen Drogen wie z.B. Heroin, Kokain, Methamphetamin oder Cannabis.
  • Medikamente: Missbrauch und Abhängigkeit von verschreibungspflichtigen Medikamenten, wie Schmerzmittel (Opioide), Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) und anregende Medikamente, auch Stimulanzien genannt.
  • Schnüffelstoffe: Sucht nach Einatmen von Lösungsmitteln oder anderen flüchtigen Substanzen, wie zum Beispiel Klebstoffe, Lacke oder Lachgas.

Verhalten:

  • Glücksspiel: Unkontrolliertes Bedürfnis, Glücksspiele zu spielen, trotz negativer Auswirkungen.
  • Medien: Übermäßige Nutzung des Internets, oft in Form von Social Media, Online-Spielen oder anderen Online-Aktivitäten. Zwanghaftes Spielen von Videospielen, oft zu Lasten anderer Aktivitäten und Verpflichtungen, Auffälligkeiten im Umgang mit Gebrauchsmedien wie Computer, Handy und Fernsehen.
  • Arbeit: Übermäßiges und zwanghaftes Arbeiten, oft begleitet von Vernachlässigung sozialer Beziehungen und persönlicher Gesundheit.
  • Sport: Zwanghaftes und übermäßiges Ausüben von sportlichen Aktivitäten, oft trotz körperlicher Schäden oder sozialer Nachteile.
  • Essen: Unkontrollierbares Essverhalten, das oft zu Übergewicht und anderen gesundheitlichen Problemen führt. Dies umfasst auch spezifische Essstörungen wie Binge-Eating.
  • Einkaufen: Zwanghaftes Kaufen von Gegenständen, oft ohne Notwendigkeit und trotz finanzieller Schwierigkeiten.
  • Sex: Zwanghaftes Sexualverhalten, das das normale Leben und Beziehungen beeinträchtigen kann.[3]
     

In der Suchtberatung erhalten Menschen mit Suchterkrankungen und deren Angehörige professionelle Unterstützung. Das Ziel ist mit Suchterkrankungen besser zu leben. 

Die Berater*innen lernen die hilfesuchende Person kennen und führen ausführliche Gespräche. Das hilft, die Geschichte und die Funktion der Abhängigkeit zu verstehen. Anschließend werden Hilfepläne entwickelt, die auf die Person zugeschnitten sind. Diese beinhalten die persönlichen Ziele und Möglichkeiten der Person. Gemeinsam mit den Berater*innen wird daran gearbeitet, die Motivation zur Veränderung zu stärken. 

In der Suchtberatung gibt es außerdem noch folgende Angebote: 

  • Informationen über Sucht und die Auswirkungen auf Gesundheit und Leben
  • Techniken zur Bewältigung von suchthaftem Verlangen
  • Techniken zur Bewältigung von Rückfällen[4]

Ja, Suchtberatung kann anonym in Anspruch genommen werden. Außerdem unterliegen Berater*innen und Therapeut*innen der Verschwiegenheit.[5] 

Angehörigenberatung und Suchtberatung kann in den meisten Suchthilfeeinrichtungen in der Steiermark kostenlos und anonym in Anspruch genommen werden. 

Eine Liste der Einrichtungen finden Sie unter Suchthilfeeinrichtungen Steiermark - Gesundheitsfonds (gesundheitsfonds-steiermark.at)[5]

Die Anzeichen können je nach Art der Sucht unterschiedlich sein. Menschen mit Suchtproblemen versuchen oft, die Kontrolle über ihr Verhalten oder ihren Konsum von Substanzen zu behalten. Deshalb bleibt eine Suchterkrankung oft lange unerkannt, obwohl es schon viele Probleme gibt.

Es gibt Hinweise, die zeigen können, dass jemand ein Suchtproblem hat. Diese Anzeichen können sich in verschiedenen Lebensbereichen zeigen. 

  • Verändertes Verhalten: Plötzliche Veränderungen wie Reizbarkeit, Geheimniskrämerei oder Rückzug von Familie und Freunden können Anzeichen sein. Auch wenn jemand plötzlich auf den Konsum verzichtet oder trotz hohem Konsum nicht berauscht ist, kann das ein Hinweis sein.
  • Finanzielle Probleme: Plötzliche Geldschwierigkeiten ohne erkennbaren Grund könnten darauf hindeuten, dass Geld für das suchthafte Verhalten ausgegeben wird.
  • Gesundheitliche Probleme: Eine Verschlechterung der Gesundheit ohne offensichtlichen Grund, häufige Krankheiten oder Verletzungen können auf ein Suchtproblem hinweisen.
  • Veränderungen im Aussehen: Plötzliche Veränderung des Gewichts, mangelnde Hygiene und ein ungepflegtes Aussehen könnten darauf hinweisen, dass die Selbstpflege aufgrund eines Suchtproblems vernachlässigt wird.
  • Kein Interesse an Aktivitäten mehr: Wenn jemand plötzlich das Interesse an Hobbys oder sozialen Aktivitäten verliert, könnte dies ein Zeichen für Sucht sein.
  • Stimmungsschwankungen: Häufige Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen, Ängste oder Reizbarkeit können Anzeichen für ein Suchtproblem sein.
  • Geheimhaltung: Wenn jemand seine Aktivitäten verheimlicht oder lügt, könnte das bedeuten, dass er versucht, seine Sucht zu verbergen.
  • Fehlende Verantwortung: Vernachlässigung von Verantwortlichkeiten am Arbeitsplatz, in der Schule oder zu Hause kann ein Zeichen für Sucht sein.

ACHTUNG: Diese Anzeichen können auch auf andere Schwierigkeiten oder Störungen zurückzuführen sein können. Sprechen Sie Ihre Bedenken offen an![6]
 

Wenn jemand abhängig ist, kann das auch die Menschen im Umfeld beeinflussen. Manchmal unterstützt das Verhalten von Angehörigen die Sucht der betroffenen Person unbewusst.  Zum Beispiel, wenn die Angehörigen der abhängigen Person Probleme abnehmen, die durch die Sucht entstehen, indem sie Geld überweisen. Das nennt man Co-Abhängigkeit oder Co- Verhaltensweisen. Es kann dazu führen, dass die Sucht unabsichtlich verlängert wird.

Anzeichen für Co-Abhängigkeit sind:

  • Übernahme der Verantwortung für die abhängige Person
  • Entschuldigung und Rechtfertigung des Verhaltens der abhängigen Person
  • Dauerhafte Unterstützung
  • Übermäßige Wachsamkeit und Misstrauen 
  • Verleugnung der Realität
  • Kontrolle des Verhaltens der Abhängigen oder des Abhängigen

Wenn Sie Anzeichen für Co-Abhängigkeit bemerken, ist es hilfreich, sich an eine Beratungsstelle oder eine Selbsthilfegruppe zu wenden.[6]
 

Was kann ich selbst tun
  1. Informieren Sie sich: Lernen Sie über Suchterkrankungen, ihre Ursachen, Anzeichen und Behandlungsmöglichkeiten. Je mehr Sie wissen, desto besser können Sie unterstützen.
  2. Seien Sie unterstützend und geduldig: Zeigen Sie Mitgefühl und Geduld. Hilfe bei Sucht erfordert Zeit und Unterstützung. 
  3. Fördern Sie professionelle Hilfe: Ermutigen Sie die betroffene Person, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Helfen Sie bei der Suche nach geeigneten Behandlungsmöglichkeiten und begleiten Sie die Person zu Terminen, wenn gewünscht.
  4. Setzen Sie klare Grenzen: Setzen Sie gesunde Grenzen, um sich selbst zu schützen und Co-Verhaltensweisen zu vermeiden. Lassen Sie die betroffene Person die Folgen des Verhaltens selbst tragen.
  5. Unterstützen Sie einen gesunden Lebensstil: Ermutigen Sie die betroffene Person zur Teilnahme an gesunden Aktivitäten wie Sport, Hobbys oder sozialen Veranstaltungen, die nicht mit dem Suchtmittel verbunden sind.
  6. Fördern Sie positive Veränderungen die die Genesung unterstützen: Gestalten Sie zum Beispiel Feiern alkoholfrei
  7. Nutzen Sie die Selbsthilfe: Sowohl für die betroffene Person als auch für sich selbst können Selbsthilfegruppen eine wertvolle Unterstützung bieten.
  8. Achten Sie auf sich selbst: Ihre eigene Gesundheit und Ihr Wohlbefinden sind ebenfalls wichtig. Suchen Sie Unterstützung und nehmen Sie sich Zeit für sich selbst.
  9. Notfallplan bereit halten: Seien Sie auf Krisensituationen vorbereitet. Informieren Sie sich, wie Sie in Notfällen handeln müssen. Halten Sie zum Beispiel die Kontaktdaten von Notrufdiensten bereit, wie die Rettung unter 144 oder Kriseninterventionszentren wie PsyNot, das psychiatrische Krisentelefon unter 0800 44 99 33. 
     
Video

Übermäßiger Alkoholkonsum: Wie verhalte ich mich als Angehörige*r? 

Im Video der Stiftung Gesundheitswissen erfahren Sie, wie Sie mit dem übermäßigen Alkoholkonsum von einer angehörigen Person umgehen können.

Mythen

Mythos 1: „Wenn ich mich nur richtig verhalte, wird mein*e Angehörige*r gesund.“[7]

Das stimmt nicht. Wenn jemand so denkt, fällt es meist schwer, Grenzen zu setzen und einzuhalten. Ordnen Sie sich als angehörige Person nicht den Bedürfnissen der suchtkranken Person unter. Es ist wichtig für sich selbst zu sorgen und sich selbst nicht zu vernachlässigen.


Mythos 2: „Es muss ihm/ihr nur schlecht genug gehen, dann wird er/sie schon Hilfe annehmen!“[8]

Falsch! Früher dachte man, dass Menschen erst am Tiefpunkt sein müssen, bevor sie Hilfe suchen und ihr Verhalten ändern. Heute weiß man, dass das nicht zeitgemäß ist. Die moderne Suchtforschung und Suchtbehandlung setzt auf Maßnahmen, die die Motivation fördern. 
 

Zahlen und Daten

In der Steiermark gibt es auch zum Thema Sucht eine Gesundheitsberichterstattung. Hier finden Sie Zahlen und Daten zu unterschiedlichen Süchten in der Steiermark.

Rat und Hilfe

Suchtkranke Personen, aber auch Angehörige haben unterschiedliche Möglichkeiten Unterstützung zu finden. Hier finden Sie Beispiele, die einander ergänzen können: 

  • Ärztinnen- und Ärztesuche der Ärztekammer Steiermark 
    Für die Abklärung von möglichen Süchten oder Empfehlungen für angehörige Personen kann ein Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt hilfreich sein. In der Suche finden Sie Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark.
  • 144 
    Rufen Sie 144, die Rettung, wenn Sie sich in einer Krisensituation oder in einem Notfall befinden.
  • Suchthilfeeinrichtungen
    Hier finden Sie für sich selbst oder eine angehörige Person entsprechende Hilfe, Beratung oder Betreuung. Diese Angebote sind größtenteils kostenfrei.
  • 0800 44 99 33 PsyNot- das psychiatrische Krisentelefon
    PsyNot kann bei akuten Krisen als erste Anlauf- und Ansprechstelle zur Verfügung stehen.
  • Fachstelle für Suchtprävention
    Hier werden Sie zum Thema Suchtvorbeugung informiert, beraten und unterstützt.
  • Selbsthilfe Steiermark
    Hier finden Sie alle Angebote zur Selbsthilfe in der Steiermark
  • Unterstützung durch Berufsgruppen aus den Bereichen der Sozial- und Gesundheitsberufe. Das sind zum Beispiel Sozialarbeiter*innen, Lebens- und Sozialberater*innen, Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen im niedergelassenen Bereich. Diese Angebote sind manchmal kostenpflichtig.
  • Unterstützung durch Freunde und Familie: Diese ersetzt nicht die Begleitung durch eine Expertin oder einen Experten.
     
Gute Informationen in anderen Sprachen

Leicht Lesen: „Hilfe bei Sucht und Abhängigkeit“.

Hier finden Sie allgemeine Informationen zu Sucht in leichter Sprache. Die Beratungsangebote beziehen sich auf Deutschland und sind in Österreich nicht verfügbar. 

LINK: https://beratungskompass.lvr.de/leichte-sprache/beratungsthemen/hilfe-bei-sucht-und-abhaengigkeit-erwachsene/ 
 

Hinweis: Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass die Informationen auf dieser Webseite auf keinen Fall als Ersatz für eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Expertinnen und Experten (zum Beispiel Ärzt*innen, Apotheker*innen, Ernährungsberater*innen, Psycholog*innen etc.) dienen. “Gesund informiert“ ist eine Webseite des Gesundheitsfonds Steiermark und wird ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert. Weitere wichtige Informationen finden Sie hier
Haben Sie einen Vorschlag für ein Gesundheitsthema, über das wir auf der Webseite informieren sollen? Schreiben Sie uns per E-Mail an [email protected]

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